Essstörungen sind keine Ernährungsstörungen und haben auch nichts mit Appetitmangel zu tun. Auch ist eine Essstörung nicht allein am jeweiligen Körpergewicht zu erkennen. Essstörungen sind ein Ausdruck und /oder ein Lösungsversuch tiefer liegender seelischer Probleme. Warum eine Essstörung entwickelt wird, kann viele Ursachen haben.
Hier ein paar Beispiele:
- gesellschaftlichen Aspekte wie Schönheitsideal, Schlankheitswahn, Diäten, Fitnessideologie und geschlechtsspezifischer Sozialisation
- hoher Leistungsdruck, geringes Selbstwertgefühl und starkes Kontrollbedürfnis
- traumatische Erlebnisse
- schwierige Familien- und Arbeitsbeziehungen
- frühe Kindheitserfahrungen
- genetische Disposition und der Einfluss von Hormonen und Neurotransmitter
Bei der Suche nach einem Weg aus der Essstörung geben die persönliche Lebensgeschichte mit den eigenen Erfahrungen, Problemen, Konflikten und Verletzungen sowie auch die Stärken wichtige Hinweise. Alle Essstörungen haben gemeinsam: Essen, Figur, Gewicht bestimmen das Leben.
Bei Anorexia nervosa (Magersucht) wird durch zwanghaftes Fasten, extreme sportliche Betätigung und auch durch die Einnahme von Medikamenten, wie Abführmittel oder Appetitzügler sowie gelegentliches Erbrechen, das Körpergewicht willentlich stark reduziert. Zu den körperlichen Folgen zählen unter anderem das Ausbleiben der Periode, Kreislaufbeschwerden bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Magersucht ist die psychische Erkrankung, mit der höchsten Sterblichkeitsrate.
Bulimie (Bulimia nervosa, Ess-Brech-Sucht) ist durch einen wiederkehrenden Zyklus von Heißhungerattacken und selbst herbeigeführten Erbrechen (Gegenmaßnahmen) gekennzeichnet. Dieses Vorgehen, kann sich innerhalb von Stunden oder auch Tagen immer wiederholen. Betroffene Personen haben in der Regel ein normales Körpergewicht, streben jedoch nach einer schlankeren Figur. Diese Essstörung ist oft mit intensiven Scham- und Schuldgefühlen verbunden, was dazu führt, dass sie häufig verborgen bleibt und im sozialen Umfeld über Jahre hinweg nicht erkannt wird. Die Folgen können eine Übersäuerung der Mundhöhle und dadurch zu Zahnschäden führen sowie Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushalts, der Nierenfunktion und des Herz-Kreislaufsystems.
Binge-Eating-Störung (Essattacken) ein zentrales Merkmal dieser Störung sind wiederkehrende Essanfälle (ohne Gegenmaßnahmen), bei denen sich die Betroffenen oft hilflos fühlen. In den meisten Fällen führen diese Anfälle zu Übergewicht. Eine Binge-Eating-Störung ist in vielen Fällen mit starkem Übergewicht (Adipositas) verbunden. Dies stellt eine permanente Überlastung von Herz, Kreislauf und Gelenken dar. Auf lange Sicht fördert Übergewicht es viele chronische Krankheiten wie Diabetes, Gicht, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Gelenkleiden.
Orthorexie (Orthorexia nervosa) ist ein gestörtes Essverhalten, bei dem Betroffene zwanghaft versuchen, sich ausschließlich gesund und „rein“ zu ernähren. Der Fokus liegt nicht auf der Menge der Nahrung, sondern auf deren Qualität. Aus Angst vor „ungesunden“ Inhaltsstoffen werden viele Lebensmittel strikt gemieden, was zu Mangelernährung, sozialem Rückzug und psychischem Stress führen kann. Obwohl Orthorexie keine offiziell anerkannte Essstörung ist, wird sie zunehmend als ernstzunehmendes Problem gesehen.
Mischformen von Essstörungen bezeichnen Fälle, in denen Symptome mehrerer klassischer Essstörungen gleichzeitig oder abwechselnd auftreten, ohne dass eindeutig eine der bekannten Hauptdiagnosen (wie Anorexie, Bulimie oder Binge-Eating-Störung) zugeordnet werden kann. Diese Formen werden auch oft unter dem Begriff »atypische Essstörungen« oder »nicht näher bezeichnete Essstörungen« geführt. Merkmale sind, psychisches Leiden, instabiles Essverhalten und eine starke Unzufriedenheit mit dem Körper. Die Folgen können genauso schwerwiegend sein wie bei den Hauptformen, werden allerdings oft übersehen und nicht ernst genommen.
Suchen Sie das Gespräch mit der betroffenen Person
Teilen Sie mit, dass Sie sich Sorgen machen, weil Sie bestimmte Verhaltensänderungen bemerkt haben „Ich mach mir Sorgen, weil du dich in letzter Zeit stark zurückziehst.“
Machen Sie keine Vorwürfe, üben Sie keine Kritik, stellen Sie keine Diagnosen
Das setzt ihr Gegenüber nur unter Druck, sondern thematisieren Sie das beobachtete veränderte Verhalten.
Motivieren Sie möglichst frühzeitig zu weiterführender Hilfe. Unter anderem können Sie auch die kostenlose U 1 Vorsorgeuntersuchung für 12-15jährige beim Arzt nutzen. In Stadt und Landkreis Bayreuth sowie im Landkreis Kulmbach stehen Ihnen vielfältige Beratungs- und Hilfsangebote zur Auswahl. Des Weiteren haben wir auf dieser Seite auch noch einige überregionale Hilfsangebote wie die Telefonberatung der BIÖG (ehemals BZgA), die anonyme und kostenfreie Onlineberatung von ANAD Versorgungszentrum Essstörungen (www.ANAD-dialog.de) und das Therapienetz Essstörungen aufgeführt.
Achten Sie auch auf sich selbst
Suchen Sie sich Unterstützung in einer Beratungsstelle (z. B. die Suchtberatung der Diakonie Bayreuth), damit Sie die Belastung, die Schuld- und Schamgefühle und die Hilflosigkeit, die man empfindet, besprechen und teilen können.